aus unseren Vereinen


140 Jahre Rheingauer Verein der Gartenfreunde

Jahreshauptversammlung und kleiner Festakt mit Jubiläumsvortrag
von Stadtarchivar Oliver Mathias

Geisenheim: Die legendäre Pflanzenbörse zum Frühlingsbeginn im April hatte sie in den letzten Jahrzehnten so richtig berühmt gemacht: bis zu 150 Personen standen bei der Gartenbörse des Rheingauer Vereines der Gartenfreunde jedes Jahr schon vor der Eröffnung an der Absperrung und hofften auf die sagenhaften Schnäppchen der Veranstalter für das Frühlingsbeet. Auch eine Tauschbörse war angeschlossen, in der die Gartenfreunde seltene Pflanzen und Ableger tauschten. Nicht minder beliebt ist jedes Jahr der Floristikkurs zur Weihnachtszeit, bei dem unter fachlicher Anleitung rund ein Dutzend Teilnehmer schöne Kränze für das Fest der Feste binden. Und schließlich sind die Schnittkurse für Rosen und Obstgehölze der Rheingauer Gartenfreunde sehr begehrt und brachten auch immer wieder neue Mitgliedschaften für den Verein, der jetzt sein 140-jähriges Bestehen feiert.

Vergangenen Sonntag gab es zunächst die obligatorische Jahreshauptversammlung im Saal von Schloss Monrepos. Die Vorsitzende, Frau Iris Hass-Tschirschke, hatte die gut besuchte Sitzung eröffnet und erläutert, dass das vergangene Jahr für den Verein ein Jahr der Erneuerung gewesen sei: „Wichtigstes Projekt des neuen Vorstands ist die Etablierung eines regelmäßigen Stammtisches, um Vereinsmitglieder und Gäste über aktuelle Gartenthemen zu informieren und uns auszutauschen!“. Die Termine für den Stammtisch sollen im Rheingau-Echo veröffentlicht werden und den Mitgliedern per Kontaktdaten direkt zugehen. Auch zahlreiche weitere Termine, wie am 23. März das Seminar „Kompostieren mit Bokashi“, das Charlotte Rafal in der Hochschule Geisenheim anbietet, die Vereinsfahrt am 5. Juni zum Staatspark Hanau und zum Gartencenter Löwer in Seligenstadt, wo eine Führung durch die Produktion von Kräutern und Gelegenheit zum Einkauf geboten wird, das Seminar „Bewässerung im Hausgarten“ mit Dipl.-Ing. Jürgen Kleber am 19. Juli in der Hochschule Geisenheim, das Sommerfest in der Straußwirtschaft „Zur Madda” im Weingut Vollmer in Rüdesheim-Eibingen am 24. August mit Besuch des neuen Arboretum zu Ehren der Heiligen Hildegard und Anbringen einer Erinnerungstafel an der Baumstiftung des Vereins, sowie die beliebte Herbstwaldwanderung mit dem ehemaligen Revierförster Martin Schlimmermann und am 23. November die Adventsfloristik in den Gewächshäusern des Zierpflanzen-Instituts der Hochschule Geisenheim sind vorgesehen.

Im Mittelpunkt des Vereinsjahres steht aber natürlich das 140-jährige Bestehen der Rheingauer Gartenfreunde. Dazu gab es am Sonntag nach der Jahreshauptversammlung einen kleinen Festakt mit Umtrunk, Gratulationen und Grußworten. Die Veranstaltung, die im Saal der Villa Monrepos mit Ausblick auf den herrlichen Park stattfand, lockte Mitglieder, Vertreter der Hochschule Geisenheim, der Stadt und des Verbands an. Die Hochschule Geisenheim war durch Sabine Muth, Leiterin der Bibliothek, vertreten. Sie betonte die Beständigkeit und Tatkraft der handelnden Personen, sowie die gute Zusammenarbeit zwischen der Hochschule und dem Verein. Für die Gründung des Vereins 1884 hat die damalige Forschungsanstalt den Gartenfreunden Gartenflächen zur Verfügung gestellt. Stadtrat Werner Vogel richtete im Namen des Bürgermeisters von Geisenheim, des Magistrats und aller Gremien Grußworte an die Anwesenden und verdeutlichte dabei die ebenfalls enge Verbindung zwischen dem Gartenbauverein und der lokalen Gemeinde. Mit dem Zitat „Alles hat seine Zeit“ traf er einen guten Vergleich zum Gartenjahr. Der hessische Verband für Obstbau, Garten und Landschaftspflege e.V. (LOGL Hessen), vertreten durch Herrn Thomas Brecht, betonte in seinem Grußwort die Bedeutung des Vereins für die Förderung des Gartenbaus und des Umweltbewusstseins. Anlässlich des 140-jährigen Jubiläums wurde bereits im Herbst 2023 im Arboretum zu Ehren der heiligen Hildegard von Bingen eine Esskastanie gepflanzt, die von den Rheingauer Gartenfreunden gestiftet wurde. Im Rahmen des Sommerfestes im August wird dieser Baum mit einer Gedenktafel des Vereins versehen werden.

Höhepunkt des Festaktes war ein Vortrag des Geisenheimer Historikers Oliver Mathias zur Historie des traditionsreichen Vereines: Unter dem Titel „140 Jahre Rheingauer Verein der Gartenfreunde – eine lange Geschichte“, gab er in seinem Festvortrag einen kurzweiligen Einblick in die langjährige Historie des Vereins. Den Schwerpunkt bildete dabei die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts, sowie die damalige Situation im Rheingauer Obst- und Gartenbau. Diese war lange Zeit geprägt von den Aktivitäten des regionalen Adels, bevor nach und nach auch bürgerliche Garten- und Parkbesitzer dazukamen. Für die einfache Bevölkerung waren der Garten- und Obstbau in erster Linie zunächst nur harte Arbeit zur Sicherstellung der eigenen Ernährung. Bis zur weitverbreiteten Gartenarbeit als freudvolle Freizeitbeschäftigung war es noch ein langer Weg. 

Doch zunächst war es am 15. Juni 1884 dann so weit: Im Eltviller Gasthaus „Zum grünen Wald“ wurde der „Rheingauer Obst- und Gartenbauverein“ gegründet. Mit dabei waren am Anfang bereits 85 Mitglieder, wobei bis zum Jahresende diese Zahl schon auf etwa 200 Mitglieder angewachsen waren. Von Anfang an bestand eine enge Verbindung des Vereins zur Geisenheimer Lehranstalt, deren Direktoren Rudolph Goethe und Julius Worthmann in der Frühphase gleichsam auch Vorsitzende des Vereins gewesen sind, ebenso wie anschließend Professor Gustav Lüstner. An ihrem Beispiel schilderte Herr Mathias den engen fachlichen Austausch zwischen Verein und Lehranstalt, welcher für beide Seiten sicherlich äußerst gewinnbringend war. Denn gemeinsam verfolgten sie das Ziel, dem Berufsstand der Gärtner eine bestmögliche Aus- und Weiterbildung zukommen zu lassen. Und ebenfalls auf beiden Seiten war auch der Weinbau zunächst eher ein Nebenthema, welches im Laufe der Zeit jedoch immer mehr in den Vordergrund gerückt ist. Durchaus unterhaltsam zitierte Herr Mathias aus dem Jahresbericht der Geisenheimer Lehranstalt 1884/85, wo noch heute die damaligen Prüfungsthemen der Gartenschüler an der Geisenheimer Lehranstalt nachgelesen werden können, ebenso wie der Umstand, dass selbst der Bürgermeister regelmäßig als Zuhörer bei mündlichen Prüfungen zugegen war.

Im weiteren Verlauf der Geschichte bildete die Entwicklung des Vereinslebens immer einen anschaulichen Spiegel der gesellschaftlichen Verhältnisse. Hierzu finden sich zahlreiche Informationen in den „Geisenheimer Mitteilungen“, aus denen der Referent ebenfalls einige Zitate präsentierte.

Wichtiger Wendepunkt wurde das Jahr 1971, als der Verein sich einen neuen Namen gab und fortan als „Rheingauer Verein der Gartenfreunde“ firmierte. Und wie der Name schon andeutet, verschob sich der Fokus von da an stärker auf den Kreis der Hobbygärtner. In diesem Sinne bietet der Verein noch heute zahlreiche Angebote, wie auch der Terminkalender für das bevorstehende Vereinsjahr zeigte.

Zum Abschluss waren alle Gäste auf ein Gläschen Sekt und kulinarische Köstlichkeiten eingeladen. Der Verein der Rheingauer Gartenfreunde konnte an diesem Tag stolz auf seine Vergangenheit und motiviert in die Zukunft blicken. Er wird weiterhin einen wertvollen Beitrag zur Belebung des Rheingaus und zur Förderung des naturnahen Gartenbaus leisten.

 Text: Sabine Fladung

Bild 1: Der Rheingauer Verein der Gartenfreunde feierte sein 140-jähriges Bestehen mit einem kleinen Festakt.


Bild 2: Auf eine traditionsreiche Vereinsgeschichte blickten die Festgäste mit Stadtarchivar Oliver Mathias zurück.